Als ich Ende Oktober in einer unserer 4. Klassen auf das Thema Flüchtlinge zu sprechen kam, war ich
ob der Reaktionen mehr als schockiert. Zwar hatte ich erwartet, dass in den Köpfen unserer Kinder das
ein oder andere Vorurteil herumgeistern würde, aber die Kommentare, die ich an diesem Tag zu hören
bekam, haben selbst mich überrascht:
„Die Flüchtlinge sind undankbar. Wir geben ihnen Essen und Decken, aber sie wollen immer mehr.“
„Die machen die Züge schmutzig und lassen überall ihren Müll zurück.“
„Was wollen die überhaupt bei uns? Wir haben keinen Platz für sie. Die sollen verschwinden!“
„Was wollen die überhaupt bei uns? Wir haben keinen Platz für sie. Die sollen verschwinden!“
Sechs Wochen später. Gemeinsam mit knapp zwanzig Schülerinnen und Schülern aus allen Klassen
stehe ich vor dem Ute Bock-Haus im 10. Bezirk. Unterstützt von unserer Religionslehrerin habe ich eine
schulweite Weihnachts-Spendenaktion für das Flüchtlingsheim organisiert. Heute ist der Tag an dem
wir unsere Geschenke (hauptsächlich Schulsachen, Hygieneartikel und Bekleidung) den Bewohnern
des Ute Bock-Hauses übergeben.
Die Begeisterung der Kinder für diese Aktion war überwältigend: Gerechnet hätte ich bestenfalls mit
einer Geschenkbox pro Klasse, also 14 insgesamt – es sind dann etwa 50 geworden. Eine Kollegin hat
sich spontan bereiterklärt ihre Freistunde am Mittwoch dazu zu nützen die Geschenke mit dem Auto
zu transportieren. Als die Kinder die Schachteln im Büro des Flüchtlingsheims übergeben, merke ich
wie stolz sie sind auf das was sie geleistet haben.
Danach dürfen wir Frau Bock noch persönlich treffen. Sie ist noch sichtlich gezeichnet von einem
Schlaganfall letztes Jahr, aber ihr Engagement und ihre Begeisterung sind ungebrochen: „Die
Menschen sind toll, erst gestern haben wir wieder vier Wohnungen geschenkt bekommen – da
kommen jetzt syrische Familien rein.“
Unsere Kinder hören gespannt zu, einige berichten selbst von persönlichen Erfahrungen mit
Flüchtlingen. Eine Schülerin erzählt: „Ich wohne seit kurzem in einer WG, da sind jetzt auch zwei
Afghanen. Die sind sehr fleißig und ich lerne manchmal Deutsch mit ihnen. Es ist schön, wenn man den
Menschen helfen kann.“
Zum Abschluss nutze ich die Gelegenheit mich bei Frau Bock zu bedanken, weil sie für mich immer eine
große Inspiration war. Sie lächelt mich an und meint: „Schauts‘ dass ihr den Kindern was Gscheites
beibringts. Das ist das Wichtigste“.
Bei der Rückfahrt sitzen wir in einer fast leeren Straßenbahn. Vor allem die älteren Schülerinnen und
Schüler sind ungewohnt nachdenklich. Auch ich bin mal wieder sprachlos, ob der Dinge die man so als
Lehrer erleben darf.
Gregor Kainz, Fellow 2014
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